Artikel|Gefühlskompass

Wenn Worte für deine Gefühle fehlen.

Stell dir vor, du kommst nach einem langen Tag nach Hause. Im Büro lief alles schief, die Kollegen waren gereizt, und der Verkehr auf dem Heimweg war katastrophal. Jetzt sitzt du in deinem Wohnzimmer, fühlst dich von Gefühlen überrannt und merkst, dass du nicht genau benennen kannst, was in dir vorgeht. Ist es Wut? Frustration? Oder vielleicht eine tiefer liegende Traurigkeit? Du suchst nach Worten, um das Chaos in deinem Inneren zu ordnen, aber sie bleiben dir einfach fern.

Warum Gefühle wichtig sind
Gefühle sind Signale unseres Körpers und unserer Psyche, die uns wichtige Informationen über unsere Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen geben. Sie können uns helfen, besser auf uns selbst zu achten und gesündere Entscheidungen zu treffen. Doch oft neigen wir dazu, bestimmte Gefühle zu unterdrücken oder zu ignorieren, weil sie unangenehm oder gesellschaftlich weniger akzeptiert sind.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Gefühle weder gut noch schlecht sind; sie sind einfach Teil unseres natürlichen Erlebens.“

Es ist entscheidend, dass wir uns klarmachen, dass alle Gefühle in Ordnung sind, unabhängig davon, wie unangenehm sie sein mögen.

Das Gefühlsrad: Ein hilfreiches Werkzeug
Ein nützliches Instrument, um sich seiner Gefühle bewusst zu werden und sie besser zu benennen, ist das Gefühlsrad. Das Gefühlsrad, ursprünglich von der Psychologin Dr. Gloria Willcox entwickelt, bietet eine visuelle Darstellung verschiedener Emotionen und ihrer Nuancen. Es besteht aus mehreren Schichten, die von den grundlegenden Gefühlen in der Mitte zu spezifischeren Emotionen an den äußeren Rändern übergehen.



1. Identifikation des Grundgefühls

Beginne in der Mitte des Rads und wähle das grundlegende Gefühl aus, das deiner momentanen Empfindung am nächsten kommt. Grundgefühle können Freude, Trauer, Angst, Wut, Überraschung oder Ekel sein.

Beispiel | Du fühlst dich gestresst und genervt. Du suchst im Zentrum des Rads nach dem Grundgefühl, das am besten zu deinem Empfinden passt. Möglicherweise entscheidest du dich für „Wut“.

2. Verfeinerung der Emotion
Arbeite dich nach außen vor, um die spezifischere Emotion zu identifizieren. Zum Beispiel kann das Grundgefühl „Wut“ zu „Frustration“, „Ärger“ oder „Irritation“ verfeinert werden.

Beispiel | Nachdem du „Wut“ als Grundgefühl identifiziert hast, stellst du fest, dass „Frustration“ am besten beschreibt, was du wirklich fühlst.

3. Reflexion
Überlege, was diese Emotion ausgelöst hat und welche Bedürfnisse dahinterstehen. Vielleicht bist du frustriert, weil ein wichtiges Ziel unerreichbar scheint, oder du fühlst dich traurig, weil du dich isoliert und unverstanden fühlst.

Beispiel | Du reflektierst und erkennst, dass deine Frustration daher rührt, dass du bei der Arbeit nicht die Unterstützung erhältst, die du benötigst.

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Was möglich wird, wenn wir unsere Gefühle annehmen.
Die Akzeptanz unserer Gefühle eröffnet neue Perspektiven und Möglichkeiten. Wenn wir uns erlauben, unsere Emotionen zu fühlen und zu reflektieren, können wir ein tieferes Verständnis für uns selbst entwickeln. Dies fördert ein authentischeres Leben und stärkt unsere Fähigkeit, klarer zu kommunizieren und empathischer auf andere einzugehen. Wenn wir unsere Emotionen nicht bekämpfen, sondern akzeptieren, erleben wir oft eine spürbare Entlastung und inneren Frieden. Dies erleichtert uns, gesündere Entscheidungen zu treffen und mit Stress besser umzugehen.

Unsere emotionale Resilienz wird ebenfalls gestärkt. Durch die Akzeptanz lernen wir, auch mit schwierigen Gefühlen konstruktiv umzugehen, ohne uns von ihnen überwältigen zu lassen. Diese innere Stärke hilft uns, Herausforderungen besser zu bewältigen und gestärkt aus Krisen hervorzugehen.

Tipp | Tägliche Reflexion:
Nimm dir jeden Tag ein paar Minuten Zeit, um deine Gefühle zu reflektieren. Nutze dabei das Gefühlsrad, um die Emotionen genauer zu benennen. Ein Tagebuch kann dabei hilfreich sein, um deine Gedanken und Gefühle festzuhalten und im Nachhinein Muster zu erkennen.

Tipp | Kreativer Ausdruck:
Manchmal finden wir keine Worte für unsere Gefühle. Kreative Aktivitäten wie Malen, Schreiben oder Musik können eine alternative Möglichkeit sein, Emotionen auszudrücken. Diese Formen des Ausdrucks erlauben es uns, tieferliegende Emotionen zu erforschen und zu verarbeiten.

Tipp | Körperliche Aktivität
Bewegung kann helfen, angestaute Gefühle abzubauen. Sportarten wie Laufen, Yoga oder Tanzen fördern nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch das emotionale Wohlbefinden. Durch Bewegung können wir Stress und negative Emotionen abbauen.

Tipp | Atemübungen und Meditation:
Diese Techniken können helfen, sich zu zentrieren und in Kontakt mit den eigenen Gefühlen zu kommen. Sie fördern die Achtsamkeit und unterstützen dabei, emotionale Reaktionen zu regulieren.

Tipp | Gespräche mit Vertrauten:
Teile deine Gefühle mit jemandem, dem du vertraust. Oft hilft es, laut über das zu sprechen, was in uns vorgeht, um Klarheit zu gewinnen. Ein offenes Gespräch kann Entlastung bringen und neue Perspektiven eröffnen.

Tipp | Professionelle Unterstützung:
Scheue dich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn du das Gefühl hast, alleine nicht weiterzukommen. Ein Therapeut oder Coach kann dir dabei helfen, deine Gefühle zu sortieren und konstruktive Wege zu finden, mit ihnen umzugehen.

Tipp | Warum es manchmal schwer ist, Gefühle auszudrücken:
Es gibt viele Gründe, warum es uns schwerfallen kann, unsere Gefühle auszudrücken. Oft sind dies erlernte Verhaltensmuster oder gesellschaftliche Normen, die uns dazu bringen, bestimmte Emotionen zu unterdrücken. Beispielsweise wird Männern oft beigebracht, keine Schwäche zu zeigen, während Frauen häufig lernen, ihre Wut zu unterdrücken. Auch kulturelle Unterschiede spielen eine Rolle: In manchen Kulturen wird der Ausdruck von Gefühlen offener gelebt, in anderen eher zurückhaltend.

Fazit:
Gefühle sind ein wesentlicher Teil unserer Existenz und verdienen unsere Beachtung und Pflege. Indem wir lernen, sie zu identifizieren, zu akzeptieren und auszudrücken, können wir zu einem ausgeglicheneren und erfüllteren Leben finden.  Das Gefühlsrad ist dabei ein wertvolles Werkzeug, das uns hilft, den oft komplexen Dschungel unserer Emotionen besser zu navigieren. Durch regelmäßige Reflexion, kreativen Ausdruck und offene Gespräche können wir unsere emotionale Intelligenz stärken und ein tieferes Verständnis für uns selbst entwickeln.

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